Woran liegt es, dass, obwohl die Bilder von Nina Rose zuerst distanziert wirken und trotz der konsequenten Vermeidung jeder Art von Pathos und Tragik, jeder, der sie zu lange betrachtet, in Sentimentalität verfällt? Vielleicht, weil die Unantastbarkeit der beeindruckenden zeichnerischen Virtuosität nur einen kurzen Augenblick den leisen Zerfall des Schönen, Richtigen, Sinnvollen, Intakten verbergen kann. Durch abermalige Bearbeitung mit dem Buntstift wird die Papieroberfläche stark aufgeraut.
Diese betonte Materialität des Bildträgers intensiviert das Kolorit in
seiner Plastizität. Tief leuchtende, satte und ebenso stumpf gebrochene Farben verbinden sich mit der beinahe beschädigten Papierstruktur, das abstrakt Bildhafte weist als maßgeblich malerischer Prozess über zeichenhafte Markierungen hinaus. Gleichzeitig lösen sich formale Detailanordnungen aus dem Kontext architektonischer Bezüge. Der städtische Raum wird in dreidimensionale Fragmente und geometrische
Flächen gegliedert. Hinter dieser Ästhetik linearer Stilisierungen und dem sinnfälligen Umgang mit Malwerkzeug und Farbe klingt eine wohlwollende
Rührung durch, über den Menschen, der in den Bildern aber so gut wie nie
selbst erwähnt wird. Mit feinem Sinn für die Lyrik des Scheiterns bezeichnet die Künstlerin das Streben nach erfüllten Lebensgeschichten und Ordnungssystemen und wie alles an der zierlichen Trostlosigkeit angelernter Häuslichkeit und an der formalen Härte moderner Urbanität in Einzelteile zerbricht.
(Elena Winkel)